Ressourcenmanagement | Methodik

Projektmitarbeitende - das wertvollste Gut in jeder Organisation

Ressourcenmanagement wird oftmals als eine von diversen Disziplinen im Projektmanagement angesehen. Sie wird dann im gleichen Atemzug mit Risiko-, Qualitäts- oder Changemanagement genannt. Zumindest in gängigen Lehrmitteln finden sich solche Kapitel einfach unter "Ergänzende Disziplinen des Projektmanagements". Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, dass Ressourcenmanagement im Kontext von Projektmanagement viel höher zu gewichten ist und eine Schlüsselrolle einnimmt.

Dieser Beitrag fasst meine Erfahrungen aus vielen Gesprächen mit Führungspersonen und entsprechenden Einblicken in Industrieunternehmungen zusammenfassen. Diese Erfahrungen führen mich zum Schluss, dass Ressourcenmanagement im Rahmen von Projekten deutlich höher zu gewichten ist als weitere Disziplinen wie Qualitätsmanagement und Risikomanagement. Weshalb?

Ein Projektleiter – und die weiblichen Pendants sind hier stets mitgemeint – hat die Aufgabe, sein Projekt zu führen und die angepeilten Ziele unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu erreichen. Dafür wird er verantwortlich gemacht. Um auf diese Ziele hin zu arbeiten, erstellt er sich einen Vorgehensplan. Mit welcher Methodik und Tools er dies tut oder tun muss, sei hier irrelevant. Zentral ist, dass der Projektleiter einen Weg vorgibt, sich mit "seinem Projektteam" auf diesen Weg begibt und jederzeit weiss, wo er denn gerade steht im Hinblick auf das Ziel. Der Weg kann sich ändern, neue Rahmenbedingungen und Eventualitäten können ungeplant auftreten. Damit muss der Projektleiter umgehen können, dafür ist er zuständig. Wie sieht das nun aus mit "seinem Projektteam"?

Wer ist eigentlich "das Projektteam"?

Der beste Projektleiter kann seine Ziele ohne ein Team von Mitarbeitenden nicht erreichen. Wohl jedes noch so kleine Projekt wird unter Mithilfe von weiteren Beteiligten durchgeführt. Wenn der Projektleiter es alleine tun könnte, dann geht es wohl einfach um eine ihm übertragene Aufgabe und weniger um ein Projekt – das ist aber eine Frage der Definition. Die Auswahl der Projektbeteiligten ist ein kritischer Aspekt in jedem Projekt. Etwas technisch ausgedrückt: Die Projektbeteiligten sind Personalressourcen, welche zu gegebener Zeit im Projekt mitwirken, ihr Knowhow und Netzwerk einbringen und damit Projektaufgaben übernehmen. Zwei einfache Punkte sind hier essenziell:

  1. Die Ressource muss zur jeweiligen Zeit verfügbar sein.
  2. Die Ressource muss das benötigte Knowhow und Erfahrung mitbringen, um die Aufgabe lösen zu können.

In den wenigsten Fällen werden die Ressourcen über einen grossen Zeitraum, geschweige denn die ganzen Projektdauer mit von der Partie sein. Selbst der Name auf der Position des Projektleiters ist nicht in Stein gemeisselt. Ob man unter solchen Aspekten wirklich von einem Projektteam sprechen kann, ist somit zumindest fraglich.

Ressourcen in einem dynamischen Projektplan

Projekte innerhalb einer Organisation kämpfen untereinander um die begrenzt vorhandenen Ressourcen. Und – etwas plakativ formuliert: Projekte mit höherer Priorität erhalten mehr oder die besseren Ressourcen. Projekte immer mal wieder neu zu priorisieren, das tun heutige Unternehmungen regelmässig. Ressourcen aber immer wieder mal neu auf Projekte zu allozieren, darin sind heutige Unternehmungen schlecht. Projekte laufen häufig völlig dynamisch ab – und damit meine ich nicht chaotisch. Auch wenn noch so methodisch nach Phasenmodell mit Meilensteinen vorgangen wird: Der Projektleiter weiss heute oftmals noch nicht, was für Ressourcen er in einer viel späteren Projektphase benötigt, und, wenn er es mal weiss, ob er diese dann auch bekommt. Wenn ein Projekt nicht strikt nach Wasserfallmodell oder nach Stage-Gate-Prozess abgewickelt wird und es sich nicht um ein schon mehrfach wiederholtes Vorhaben nach Schema X handelt, dann ist die Planungsgenauigkeit auf wenige Wochen oder auch nur Tage beschränkt. Je weiter man in die Zukunft schaut, desto unsicherer ist die Projektplanung.

Agilität hilft nicht...

Können agile Projektmanagement-Methoden dem dynamischen Ressourcenallokationsproblem entgegenwirken? Agilität im Projektvorgehen hilft, sich auf sich ändernde Anforderungen neu einzustellen, solche ständigen Änderungen bewusst in Kauf zu nehmen oder sogar als gegeben anzunehmen. Software-Applikationsentwicklungen laufen heute genau so ab. Der Anforderungskatalog ist ein dynamisches Backlog. Anforderungen kommen und gehen, die Prioritäten ändern sich mit jedem Sprint mal wieder. Aus frisch entwickelten Features ergeben sich unmittelbar wieder neue Erkenntnisse für den nächsten Sprint. Löst dies das Ressourcenproblem? Nicht wirklich. Im Gegenteil. Idealerweise hat man nämlich in einem agil durchgeführten Projekt ein statisch allozierties Projektteam. Dasselbe Team von Entwicklern, Requirements Engineers und Business Analysts sollte ja am besten über das ganze Projekt hinweg fester Bestandteil sein und bleiben. Auch in agilen Projekten gilt: Wenn Ressourcen immer mal wieder ändern, muss der Projektleiter (hier: Scrum Master) seinen Vorgehensplan laufend anpassen. Bei agilen Projekten ist das sogar noch akuter.

...Übersicht hingegen schon

Zurück zum Ressourcenmanagement: Anstehende Projektaufgaben zu planen, ohne dabei zu wissen, ob die benötigten Ressourcen für die Umsetzung überhaupt verfügbar sind, bringt wenig. Was zusätzlich benötigt wird, ist eine unternehmensweite Ressourcenübersicht mit den aktuellen Verfügbarkeiten, Auslastungen und Skills der Mitarbeitenden. Der Projektleiter soll jederzeit auf aktuelle Informationen zugreifen können, auch wenn diese nur einigermassen exakt ist. Diese Informationen über die Ressourcenverfügbarkeit muss nicht zu 100% genau sein, sonst wären wir bereits beim Mikromanagement. Sie darf aber auch keinesfalls so ungenau oder sogar falsch sein, dass sie nutzlos ist oder gar Schaden anrichtet, wenn man sich darauf abstützt. Das Pareto-Prinzip hilft hier: 20% des maximal möglichen Planungsaufwands bringen bereits 80% des maximal möglichen Nutzens.

Eine Randnotiz dazu: Gerade letzthin habe ich bei einem Gespräch mit einem PM-Verantwortlichen in der Medizintechnik wieder gehört, dass ein Projektleiter vergessen hatte, die Verknüpfung von einer MS Project Datei in eine andere solche Datei vor seinen Ferien zu aktualisieren. Dadurch war die Auslastung einer Ressource in der zentralen Ressourcenplanung in der Master-Datei natürlich falsch und andere Projektleiter gingen von falschen Daten bzw. Annahmen aus. Ein Rattenschwanz an negativen Konsequenzen war die Folge. Solche und ähnliche Fälle sind nach meiner Erfahrung an der Tagesordnung bei vielen Organisationen, die dateibasiert planen. Ein unternehmensweit nutzbares Ressourcenmanagement-System kann in solchen Fällen sicherlich Abhilfe schaffen. Verfügbarkeits- und Abwesenheitsdaten, Auslastungen etc. sind jederzeit für alle ersichtlich und Ungereimtheiten fallen so rasch auf oder sind gar nicht erst möglich.

Setzen wir unser wertvollstes Gut sorgfältig ein

Weshalb ist ein gutes Ressourcenmanagement so wichtig? Einfach deshalb, weil ohne die richtigen Personen (Skills!) zur richtigen Zeit am richtigen Ort das Projekt nicht plangemäss abgewickelt werden kann. Der Projektleiter muss immer mal wieder unnötigerweise reagieren und die Planung (Taskdauer, Meilensteine,...) anpassen. Dies macht er bereits genügend oft aufgrund von nicht beeinflussbaren Störfaktoren bzw. externer Risiken. Weshalb soll er sich nun auch noch mit Problemen herumschlagen, welche hausgemacht sind? Mit einem unternehmensweit etablierten Ressourcenmanagement kann man sich viel Ärger und Reibungsverluste sparen. Denn verschwendete, falsch eingesetzte oder brach liegende Ressourcen kosten enorm viel Geld: Personalressourcen sind in vielen Unternehmungen immer noch die teuersten Produktionsfaktoren und werden es noch lange bleiben. Tragen wir also Sorge zu ihnen.

Ein gutes Ressourcenmanagement basiert auf zwei einfachen Pfeilern:

  • einer guten Kultur und etablierten Zusammenarbeitsformen ("so machen wir das bei uns") und
  • einem geeigneten Informationssystem, welches die vorhandenen Daten jederzeit und von überall her in einer nützlichen und einfachen Form bereitstellt und die Datenintegrität sicherstellt.

Gerne weise ich an dieser Stelle auf unser Whitepaper Fitnesstest für Unternehmungen: Setzen Sie Ihre Ressourcen optimal in Ihren Projekten ein? hin, welches Sie hier kostenlos beziehen können.

PS

Zum Schluss noch ein Disclaimer: Ich habe in diesem Artikel die Projektmitarbeitenden fast schon als Sachmittel betrachtet und das Thema Ressourcenmanagement aus einem sehr ökonomischen Blickwinkel beleuchtet. Natürlich bleiben dabei die psychologischen und zwischenmenschlichen Aspekte der Mitarbeiterführung in der Organisation und im Projekt völlig auf der Strecke. Diese Themen sind im Rahmen von Good Practice im Projektmanagement ebenso wesentlich, um Projekte erfolgreich durchzufühen. Ein guter Team Spirit im Projekt macht manche Fehlplanung wett!

Über den Autor


Managing Director INTRASOFT AG

Dr. Daniel Hösli ist Managing Director und Lead Consultant bei der INTRASOFT AG, deren SaaS-Lösung PQFORCE die führende Plattform für agile, projekt-orientierte Unternehmensführung ist. Er ist seit 15 Jahren täglich mit dem Aufbau von Projektmanagementsystemen in beratender und projektleitender Funktion tätig - organisatorisch wie technisch - und hat so die Erfahrung aus unzähligen Kontakten und Aufgabenstellungen aus den unterschiedlichsten Unternehmungen und verschiedenen Managementebenen.

Nicht verpassen

Mit PQFORCE Insights bekommen Sie unsere neuesten Nachrichten, Best Practices, Tipps und Angebote direkt in Ihre Mailbox geliefert.
Wir werden Ihnen nur relevante, spamfreie E-Mails senden.
Sie können sich jederzeit mit einem Klick wieder abmelden.
Jetzt ausprobieren